Wir taufen zusammen mit Jesse und Phil unser Boot offiziell auf "Marianne"

Von Landratten und Leichtmatrosen

Wir taufen zusammen mit Jesse und Phil unser Boot offiziell auf "Marianne"
Wir taufen zusammen mit Jesse und Phil unser Boot offiziell auf "Marianne"

Wir sitzen in der überklimatisierten Lounge des ‚Royal Papua Yacht Club’ und warten in einer ungewohnt stark von menschlicher Penibilität geprägten Atmosphäre auf die Mitarbeiter vom Zoll. Eine Armada aus im blauen, zu weiten Zwirn gekleideter Kellner hofft unauffällig auf die kleinste Geste einer Bestellung. Doch wir warten nur. Seit drei Tagen schlendern wir bereits ohne Pass und Aufenthaltsgenehmigung durch Port Moresby, der 300.000 Einwohner starken Hauptstadt Papua-Neuguineas. Heute nun sollen wir zum Flughafen chauffiert werden, um dort die Vorzüge der schnellen Visa Einholung genießen zu können. Zum Flughafen!

Nach drei Wochen auf See, ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt, wollen alle unsere Freunde und Verwandten, und auch deren Freundes-Freunde wissen, ob wir heil angekommen sind. Wie alte Hasen erzählen wir von einer „interessanten“ Überfahrt. Viel kein Wind und ab und an „zu viel“. Mit der Zeit wurde aus „zu viel“ genug und so gab es immer seltener „zu viel“ der Naturgewalt. Einen Wal haben wir gesehen. Keine 15 Meter von unserem Boot schaufelt er sich unbeeindruckt vorbei, atmet tief ein, hält kurz Inne und pustet mit einer kleinen Wasserfontäne wieder aus. Eine Woche zuvor hielt es eine Delfinfamilie genauso und entschied uns für ein paar Stunden zu begleiten. Neben ein paar Thunfischen, einem Barrakuda und einer Makrele behauptet Benni weiterhin, auch kurz einen Hai an der Angel gehabt zu haben. Vom Fischen und Fischen haben wir allerdings erstmal genug und bestellen am ersten Tag Ausgang auf dem Festland: Pizza!

Knapp eine Woche nach unserer Abreise von den Salomonischen Inseln erleidet unsere Bordbatterie einen unschönen Defekt. Den Rest des Tages sinnieren wir über Lebensmittelrationierung, Wassermangel und Navigation nach den Gestirnen. Nach einer schlaflosen Nacht funktionieren am nächsten Morgen glücklicherweise die GPS Geräte wieder für einige Stunden und so kann ich weiterhin regelmäßig großzügige Portionen für meinen Kapitän und mich zubereiten. Meistens Reis mit einer auf angeschwitztem Mehl und mindestens 13 verschiedenen Gewürzen basierenden Sauce. Irgendetwas, das sich in einer Schüssel mit Löffel auch gut bei starkem Wellengang auf dem Vorschiff einnehmen lässt.

In den folgenden anderthalb Wochen wird unsere Seefestigkeit noch auf ihr Durchhaltevermögen geprüft. Das Gefühl, eines in Krängung fahrenden Segelbootes, in mitten der Dunkelheit einer mondlosen Nacht bei bewölktem Himmel, gleicht dem stundenlangen Ritt in einem Karussell mit geschlossenen Augen. So nehmen wir keine Notiz von lütten oder groten Wellen und nur das giftige Grün des schwach beleuchteten Kompasses geleitet uns durch das schwarze Nichts. Hunderte Meilen vom nächsten Festland entfernt sind es genau diese Nachtschichten, die am meisten an unseren Kräften zehren.

Zwei Tage vor unserer Ankunft freuen wir uns bereits über die sich nähernde Küste und bestimmen unfreiwillig noch den exakten Tiefgang unserer Marianne. Unbeschadet können wir dann abschließend in der letzten stürmischen Nacht dem Großsegel Gelegenheit geben, sich etwas zu sehr am Riemen zu reißen. Mit anderen Worten: Es hat ein Loch.

Die Wassertemperatur beträgt 27°C, wir tragen jetzt Bärte und aus uns Landratten sind wohl doch zwei Leichtmatrosen geworden, die sich als „echte“ Segler recht wohl zwischen den ganzen Motorboot-Menschen fühlen. Mit offenen Mündern hören sie unseren Geschichten zu und schon bald wissen wir, wo wir die nächsten zwei Wochen unsere Reparaturen erledigen können.

2.  Bericht - Woche 4 bis 7 - 15.04. bis 09.05.2011

Senf dazugeben