USAiling. Ein Road Trip durch die Staaten. Teil 1. Großes Wiedersehen in Salt Lake City

Marianne macht Pause. Die hat sie sich redlich verdient. Hier im Miami Yacht Club gibt es zu viele andere schöne Segelboote. So viele auf einem Haufen, wie in den gesamten letzten drei Jahren nicht. Sie schließt sogleich neue Freundschaften und beschließt sich hier vor Anker zu legen, erst mal die Beine hochzulegen und ihre Segel einzurollen. Na, was soll man da machen? Sie hat schließlich immer das letzte Wort

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Marianne macht auf Urlaub
Marianne macht auf Urlaub

Da fällt mir ein, dass ich ja in Amerika bin, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das Land, in dem Tellerwäscher zu Millionären werden. Das hört sich doch gut an. Millionär wollte ich immer schon mal werden, denke ich und räume kurzerhand Marianne ein bisschen auf und meine sieben Sachen zusammen. Es geht auf Reise. Aber diesmal über den Landweg. Wasser hat jetzt erst mal Pause. Also eigentlich erst mal in die Luft. Das Flugzeug nach Salt Lake City steht schon bereit. Ich schnalle mir meine sechs Rucksäcke auf den Rücken, gefüllt mit gefühlten 200 Kilo Mikrofonen und Kamerazeugs. Und das Cello muss diesmal auch mit. Wer weiß, was alles so passiert. ROAD TRIP! Yeah.

Mit 200 Kilo Gepäck zum Flughafen
Die Bushaltestelle und AIDA Traumschiff im Hintergrund. Mit 200 Kilo Gepäck zum Flughafen

Schnell zur Bushaltestelle, in den Bus, in die Bahn, in die nächste Bahn, in den Airport Shuttlebus und rein ins Flugzeug. Der Rücken schmerzt. 200 Kilo sind halt nicht ohne. Augen zu. Augen auf. Salt Lake City. Utah. Und wer steht am Gepäckband und hat meine Koffer schon in Hand? Reini! Unser Freund, Kollege, English Correctorrer, No.1 – Fan und Schlagzeuger. Er hat alles in Heidelberg stehen und liegen gelassen, seiner Arbeit ein Blümchen gepflückt und einen schönen Gruß bestellt und ist schnurstracks in die USA. Hier hat er vier Jahre lang mit seiner Familie gelebt, als er 10 Jahre alt war, hat hier noch viele Freunde und wollte mir immer schon mal seinen absoluten Lieblingsort auf der ganzen Welt zeigen.

Freudiges Wiedersehen am Gepäckband
Freudiges Wiedersehen am Gepäckband

Und dann gibt es noch ein großes Wiedersehen. Auch Lincoln hat die lange Reise aus Australien auf sich genommen. Linc und Reini waren damals 2011 gemeinsam mit uns in Thailand unterwegs. Jetzt wollen wir uns einen alten 79er Pontiac Trans Am, Firebird, einen roten Ford Mustang, einen alten Dodge Challenger, Charger oder einen rostigen Chevy Camaro besorgen und ab auf die Straße. Ziel ist San Francisco, über Las Vegas und Los Angeles. Wir wollen den Grand Canyon sehen und im Pazifik surfen gehen. Und tausend Musiker aufnehmen. Und das alles in 25 Tagen. Und los.

Nach Thailand zum ersten mal wieder vereint
Nach Thailand zum ersten Mal wieder vereint

Moment, nicht so schnell. Erst mal eine kleine Schadensinspektion. Mein Cello hat es leider erwischt. Es sieht nicht mehr so frisch aus, als ich es nach dem Flug aus der Tasche ziehe. Zwei Saiten sind gerissen und der Bogen kann nur noch als Peitsche verwendet werden. Er ist vom vorsichtigen Flughafenpersonal leider entzwei geteilt worden. Naja, Schwund ist immer. Google. „Violin Shop Salt Lake City“. Nicht weit. Also hin da. Mit dem neuen Leihauto. Wir sind ein bisschen enttäuscht. Aus sind die vielen Träume von alten und rostigen Muscle-Cars. Na, immerhin wird es ein Chevrolet. Impala. Grau. Grrr. Themawechsel.

Vom netten Flughafenpersonal misshandelt
Vom netten Flughafenpersonal misshandelt

Erste Station: Rocky Mountains. Wenn wir schon mal hier sind, muss Reini natürlich seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen und will klettern. Jaja, er redet von nichts anderem. Wir geben uns endlich geschlagen und packen neben der Kletterausrüstung auch Lincs Gitarre ins Auto. Die wird ab jetzt nie mehr fehlen. Linc kann sich nämlich nicht weiter als Sichtweite von seinem Instrument entfernen. Das muss angeboren sein.

Der Berg ruft - Trotz verstauchtem Finger muss er wieder an die Wand
Der Berg ruft – Trotz verstauchtem Finger muss Reini wieder an die Wand

Wir fahren die Straße entlang, weiter und weiter in die Rocky Mountains hinein. Reini ist wählerisch mit seinem Berg. Überall sehen wir Menschen in den hohen Felswänden hängen. Irgendwann ist unser Mann doch überzeugt und wir ziehen mit unseren Rucksäcken los, überqueren einen reißenden Fluß, um uns schließlich zur Felswand durchzukämpfen. Das ist mit dem vielen Equipment auf dem Rücken gar nicht so einfach. Während Reini sich mit anderen Kletterern unterhält, um sich ein Seil zu ergattern (er hat selbst leider keins dabei), suche ich mit Linc einen schönen Ort für die erste Aufnahme. Wir müssen uns beeilen, denn die Sonne verschwindet langsam hinter den Bergen.

Wir treffen viele von Reinis alten Freunden aus der Schulzeit. Super Jungs. Eigentlich keine Jungs. Richtige Männer. Und richtige Männer in Utah gehen am Wochenende auch schon mal Schießen. Es ist Wochenende. Wir gehen Schießen. Einige der Burschen besitzen Waffen – Pistolen, Schrotflinten, Rifles und wie sie auch alle heißen. Sowas hab ich noch nie gemacht und bin etwas aufgeregt, doch als ich sehe, wie sorgfältig und vorsichtig die Kerle mit ihren Waffen umgehen, entspanne ich mich. Alle haben enormen Respekt vor den Dingern und das spürt man. Es wird für die Jagdsaison geübt. Ich fange mit der kleinsten Pistole an, doch nach und nach reichen mir Reinis Freunde auch die größeren Waffen. Ich muss sie alle mal testen. Und ich muss gestehen – es macht schon tierisch Spaß!

Habt ihr gesehen? Voll ins Schwarze!
Habt ihr gesehen? Voll ins Schwarze!

Abends sind wir bei Reinis altem Nachbarn Alex zum BBQ eingeladen. Beide sind früher regelmäßig zusammen Snowboard gefahren und wäre Reini nicht wieder zurück nach Deutschland gegangen, wäre er wohl auch Snowboard Profi geworden. Wir sind begeistert von seinem Haus. Er hat sich eine eigene Skateboard Rampe im Garten gebaut, die wir alle mal testen. Mit mehr oder weniger viel Erfolg. Und als es dunkel wird, holt Linc seine Klampfe aus dem Auto (komisch eigentlich, dass sie so weit weg liegt…) und gibt ein kleines Konzert. Ein toller Abend bei Würstchen, Steak und echten amerikanischen Burgern. Nur ans Bier müssen wir uns noch ein wenig gewöhnen. Mir wurde ja schon viel davon vorgeschwärmt, aber so richtig überzeugt mich dieses Gebräu doch noch nicht…

Linc hat selber einen neuen Trick erfunden
Linc hat selber einen neuen Trick erfunden

Die meiste Zeit, die wir in Utah verbringen, wohnen wir bei Bryan. Der Gitarrist hat vor einiger Zeit eine Konzert Tour durch Australien gemacht und da Lincoln bei einem Gig in Sydney kennengelernt. Natürlich will ich ihn aufnehmen. Und Schnee hatten wir auf unserer gesamten Reise auch noch nicht so richtig. Also, ab ins Auto und in die Berge. Zehn Minuten später sind wir da. Und es schneit heftig. Wie ist das möglich? Unten in der Stadt ist T-Shirt Wetter. Und keine zehn Minuten später schneit es? Verrückt. Das ist eben Utah.

Es ist bitterkalt. Armer Bryan. Zum Glück gibt es heißen Kaffee in der Bude nebenan. Und zum Glück hat Bryan den passenden Song für diese Umgebung: „Trudging through the Snow“. Wir wollten ja eigentlich nicht – aber wir können nicht anders! Wir haben es versucht, aber der Schnee hat uns in seinen Bann gezogen. Es gibt kein Zurück. Wir müssen Snowboarden gehen. Und das war jeden blauen Fleck wert.

Traumhafter Schnee, da es den Tag zuvor noch geschneit hatte
Traumhafter Schnee, da es den Tag zuvor noch geschneit hatte

Abends statten wir dann noch Samuel Smith einen Besuch ab. Wir lernen Sam einige Tage zuvor in einer Bar mit einer der unfreundlichsten Barfrauen von Utah kennen. Er entpuppt sich als der letzte Rockstar von Salt Lake City, ist betrunken und hat einfach durch und durch eine echte Rockstar-Attitüde. Ist laut, frech, und eitel. Aber trotzdem einfach nett. „Call me or don’t. I don’t fucking care!“ sagt er zum Abschied, nachdem wir von unserem Projekt erzählt haben. Also, den müssen wir einfach treffen! Und er hat uns nicht zu viel versprochen. Er zieht sich während der Aufnahmen einen Joint nach dem anderen rein. Leider vergisst er dann aber auch manchmal ein wenig Text oder versemmelt ab und zu ein Ende. Aber egal! Sam Smith ist jetzt schon eine Legende.

Sam zeigt uns sein neues Tattoo, was die Tattowiererin anscheinend völlig vergeigt hat
Sam zeigt uns sein neues Tattoo, was die Tattowiererin anscheinend völlig vergeigt hat

Es gibt einfach zu viele schöne Dinge, die man in Utah machen kann. Doch wir haben ja schließlich noch etwas vor, deshalb beschließen wir am nächsten Morgen loszufahren mit Kurs auf Grand Canyon. Aber wie beim Segeln heißt es auch hier: „Never stick to your plan!“, denn wir erfahren von einem super Geiger, der sich mit uns treffen möchte und so verschieben wir unsere Abreise um einen Tag. Und gehen sogleich ins Full Fidelity Studio, wo wir den Eigner Steve, den Geiger und eine Sängerin treffen. Während Steve die Mikros aufbaut, zeigt Linc uns anderen einen seiner Songs und es wird ausprobiert. Alle dürfen mitmachen. Und irgendwann wird der Krach doch fast schon zu einem waschechten Utah-Jam.

Jetzt aber noch schnell tanken und etwas zum Naschen für Unterwegs einkaufen. Denn morgen früh geht es nun wirklich los. Grand Canyon, wir kommen.

Senf dazugeben