Wir trinken Oettinger in Darwin

Die Gefahren des Seemannes

Wir trinken Oettinger in Darwin
Wir genießen deutsches Bier in australischen Landen

Ein Seemann lebt nicht ungefährlich, das steht fest. Aber was diesen meist unrasierten, oft hageren und wortkargen Typ Mensch konkret gefährdet, bleibt oft im Verborgenen. Wer sich in der Hafenklause dicht genug an die von Fassbier und dunklem Rum gelöste Zunge herantraut, kann dieses oder jenes aufschnappen.

Der Laie denkt natürlich gleich an schlechtes Wetter. So ein Sturm könne doch erheblichen Schaden anrichten! Recht hat er. Wer die Wolken nicht sorgfältig beobachtet und rechtzeitig die Segelfläche reduziert, bietet dem Wind zu viel Widerstand und droht zu kentern. Das Geschirr fällt aus den Regalen und die jetzt auf dem Boden liegenden Bücher werden nass vom eindringenden Wasser. Doch so ein Boot ist zum Glück selbstaufrichtend und die automatische Pumpe in der Bilge schafft wieder Trockenheit.

Gefährlicher sind da schon die Wellen. Je nach Anzahl der Stockwerke, können die schon Haushoch werden. Die einfache Welle macht dem schwimmenden Boot nichts aus. Schwierig wird es erst, wenn sie anfangen, sich zu brechen. Ein so von den Wassermassen verschlungenes Boot muss gut konstruiert sein, um dem Druck Stand halten zu können. Zum Glück passiert dies nur sehr selten. Stürme müssen schon einige Tage lang marschieren, um bis in die sechste oder siebente Etage zu gelangen.

Größere Sorgen sollte man sich eher um die eigenen Fähigkeiten machen. Neunzig Prozent aller Unfälle passieren im Haushalt, sagt man ja. Und so hört man von Stromschlägen durch Bohrmaschinen, Lecks in der Gasleitung oder Schnittwunden beim Fisch ausnehmen. Routine schafft zusätzliche Sicherheit. Sobald man sich mit einer Hand immer gut festhält und sich in jedem Moment bewusst ist, dass nach Sonnenuntergang ein Fehltritt an Deck der letzte sein könnte.

Nachts ist nicht nur die Farbe von Katzen schwer zu erkennen, sondern auch Entfernungen sind schlecht einzuschätzen. Und so kann es passieren, dass sich die Routen zweier Schiffe in einem, gemessen an der unendlichen Weite des Ozeans, winzig kleinen Punkt kreuzen. Wenn es dem Seemann bang um sein Leben wird, kann er jedoch zum Funkgerät greifen und Kontakt mit dem auf Kollisionskurs befindlichen Ungetüm aufnehmen. So erheitern außerplanmäßige Konversationen die Nachtschicht des Steuermanns, falls er nicht schon selbst längst auf dem Radar ausgemacht wurde…

Weitere „Sechser im Lotto“ findet der Suchende in der Gegend der Wasseroberfläche, sowie knapp darüber und darunter. So hört man von aus Versehen abgeworfenen Schiffs-Containern, zu neugierigen Walen, umherirrenden Baumstämmen und natürlich Eisbergen.

Doch was ist denn nun die größte Gefahr? Eine, die dich bestimmt trifft und bei der keine Erfahrung, keine Vorsicht und kein Festhalten hilft? Nicht sowas wie Cholera, Malaria oder anderer Schnupfen! Wenn es ganz still wird, kann man es manchmal hören. Vielleicht ist es die schwache Ahnung, dass du nicht mehr weißt, wo dein Zuhause ist. Und so kommt es mir bei Sonnenaufgang im Nirgendwo zwischen Papua Neuguinea und Australien fast lautlos über die Lippen gekrochen: „Verweile doch, du bist so schön!“

3.  Bericht - Woche 8 bis 16 - 10.05. bis 01.07.2011

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