Eine 16-tägige Achterbahnfahrt!

Es ist schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal hier einen Bericht abgelegt habe. Also, wo soll ich bloß anfangen?

 

Nach ein paar großartigen Recordings und Blues Jam Sessions im Suoay Vista Social Club in Hua Hin mussten wir noch eine aufregende Sache auf dem Boot erledigen. Es klingt vielleicht langweilig, aber so ist es eben nicht: Muscheln vom Rumpf kratzen. Ich war irgendwie aufgeregt. Aber egal, Handschuhe an, Schnorchel und irgendeine Art Kratzgerät geschnappt und los ging es! Aten anhalten, rein ins Wasser und runter tauchen. Man sieht die Hand vor Augen nicht und fängt einfach an zu kratzen. Das gesamte Boot. Es war ein seltsames Gefühl. Zunächst war ich noch etwas ängstlich, doch Ae (unser Mechaniker) und ein Freund von ihm zeigten uns, wie es geht. Dank ihrer Hilfe waren wir so schnell fertig, dass ich mich grade so an dieses riesige Boot von unten gewöhnen konnte.

Am selben Abend saßen wir dann noch mit Ae und einigen von seinen Freunden bei ein paar Bier zusammen. Er zeigte uns seine Pokale, die er bei Segelrennen im Golf von Thailand gewonnen hat und bestand darauf, uns auf das Bier einladen zu dürfen. Dann erzählte er uns noch diese unglaublich berührende Geschichte, wie er 2004 dem Tsunami entkam, der auf Phuket einkrachte. Die Flutwelle riss ihn mit und versenkte sein Boot samt noch an Bord befindlicher Crew. Hunderte Boote und ihre Mannschaften hatten allerdings nicht soviel Glück wie Ae, und wurden im Schlaf überrascht. Sie hatten keine Chance zu überleben. Es ist einfach kaum zu glauben, was die Menschen auf Phuket durchmachen mussten.

Vielen Dank an dieser Stelle noch ein Mal an Ae, der sich für uns einen abgearbeitet hat, ohne jedoch viel von uns zu erwarten. Er ist für uns ein echter Freund geworden.

Tags darauf rief uns unser Schneider aus Bangkok an, und lud uns ein, ihn auf eine Hochzeit zu begleiten. Kurzerhand änderten wir unsere Abreisepläne, um noch ein paar Tage in den Dschungel zu gehen. Die Hochzeit fand in einem kleinen Dorf nähe der burmesischen Grenze statt, in dem viele noch nie in ihrem Leben einen Weißen gesehen haben. Als wir also ankamen, waren alle Augen auf uns gerichtet und ihnen stand buchstäblich der Mund offen! Wir wurden sehr herzlich empfangen und aßen, tranken und sangen Karaoke im Übermaß. Und was es da für Annanas gab! Es war eine großartige Hochzeit, die auf der einen Seite ganz anders und dann doch wieder genauso war, wie eine Hochzeit in Deutschland nur sein kann.

 

Zurück in Hua Hin. Tan und Noi, zwei nette Mädels halfen uns am nächsten Tag mit ihrem Auto die Einkäufe für 2 Wochen segeln zum Boot zu bringen. Vielen Dank dafür und schon konnte es losgehen, nach Ho Chi Minh City in Vietnam. Dachten wir… Aber wir mussten noch offiziell auschecken bei der Einwanderungsbehörde. Meine Güte, so viel Papierkram und Gelaber, Warterei, Verhandeln und Gebühren. Irgendwie haben wir es dann doch geschafft, das Büro des Beamten zu verlassen. Unser „Sailing Conductors“ Stempel war zwar fast leer gestempelt, aber wir um so glücklicher. Wir mussten glaube ich alles stempeln, was nicht abwischbar war…

 

AUF WIEDERSEHEN THAILAND! HALLO VIETNAM!

Wir setzten die Segel und alles lief wunderbar! Wir hatten eine gute Portion Wind und ich fühlte mich grandios. Im Sonnenuntergang umschifften wir Fischerboote, Bojen, Tanker und ich war nicht ein mal Seekrank.

Was wir nicht wussten: Dieser Trip sollte länger als geplant dauern und wir es nicht an unser geplantes Ziel schaffen.

Auf unserem Trip habe ich ein paar echt coole Sachen gesehen. Zum Beispiel das Meeresleuchten (http://de.wikipedia.org/wiki/Meeresleuchten) um unser Boot herum, schwimmende Schlangen, fliegende Fische, die nicht selten auf unserem Deck landeten und eine erschöpfte Schwalbe, die sich eine Nacht auf unserem Boot ausruhte. Am dritten Tag fing ich dann an, mich etwas schummerig zu fühlen. Stellt euch einen Raum vor, der den ganzen Tag um 45° gekippt ist und du in ihm hin und her geschüttelt wirst. Ab und zu verändert sich die Krängung dann auf die andere Seite. Mich eingeschlossen muss also alles niet und nagelfest sein, um nicht aus den Regalen zu fallen. Ich hatte an meinem Bett dafür ein Netz angebracht, was mich vom Herausfallen hindern sollte. Dank der Krängung schlief ich also entweder in dem Netz, oder eben an der Wand, aber nie wirklich im Bett. Sich auf dem Boot zu bewegen hat so auch mehr Ähnlichkeit mit Klettern als mit Laufen…. gut festhalten also! Könnt ihr euch vorstellen, unter diesen Umständen auch noch zu kochen? Smutje Hannes tat das fröhlich pfeifend die ganze Zeit!

Die Wellen veränderten die ganze Zeit ihre Richtung; kamen mal von vorne, mal von der Seite und schließlich halfen auch meine Pillen nicht mehr gegen die Seekrankheit. Sobald ich eine nahm, konnte ich nur noch schlafen. Ich habe es zwar ohne sie versucht, doch es ging nicht gut. Mir ging es dann nur noch schlecht. Für die Jungs muss es manchmal echt anstrengend gewesen sein, mit einem grummeligen, kranken Typen an Bord. Sorry Jungs! (Oh ja, da sitzt er 3 Stunden lang an seiner kleinen Portion Müsli! – Anm. d. Smutje)

Der Trip war sehr, sehr anstrengend. Segeln ist schließlich ein 24-Stunden Job, man kann nicht einfach kurz das Boot anhalten, ein paar Riegel an der nächsten Tanke schnabulieren. Und wenn dir schlecht ist, werde damit fertig! Dazu muss nachts ständig jemand wach sein und auf alle möglichen Dinge aufpassen. Aber man bekommt auch Wunderschönes zu sehen: Eine Mondfinsternis und unzählige Sternschnuppen, nur um zwei nette kleine Erlebnisse zu nennen. Einige Tage waren einfach unglaublich, andere dagegen die Hölle. Das Ganze war wirklich eine einzige Achterbahnfahrt. Kein Wind, keine Wellen, viel Wind und sehr große Wellen. Alles veränderten sich ständig, sodass unser eines Vorsegel am Fuß riss. Zum Glück hatten die Jungs noch ein altes Ersatzsegel. Die neuen Segel aus der Kickstarter.com Aktion sollten auf alle Fälle bald ankommen. Alles was man machen konnte, war abzuwarten und während dessen die Energie aus unseren Solarzellen zu nutzen, um Filme zu schauen. Schließlich mussten wir uns entscheiden, ob wir es pünktlich nach Ho Chi Minh City schaffen würden. Hannes musste seinen Flug kriegen und wir entschlossen uns schweren Herzens, 100 Meilen zurück auf die Insel Phu Quoc zu segeln. Während der ganzen Reise mussten wir hart am Wind segeln, obwohl eigentlich anderes Wetter angesagt war! Hart am Wind bedeutet übrigens: Durchgehend volle Krängung und gegen die Wellen anbolzen. Teilweise hängt dann die Rehling im Wasser und das Boot wird von großen Wellen zur Seite geschleudert. Von Zeit zu Zeit spritzt dann ein besonders günstiges Exemplar bis ins Cockpit hinein.

Zum Ende hin fühlte ich mich dann wieder besser und konnte versuchen ein vollwertiges Crewmitglied zu sein. In der letzten Nacht, acht Meilen von der Küste entfernt und ohne Wind gab dann auch unser Motor auf. Aber immerhin, wir schafften es am nächsten Tag Dank einer leichten Brise und schönem Regen.

Wir kamen also mit noch zwei Dosen Mais in Vietnam an und wollten nur noch Pizza essen gehen. Nichts gegen das Essen auf dem Boot, aber es geht eben nichts über eine richtige Pizza!

Wie die Jungs es ja bereits kennen… wir mussten zu einigen Behörden. Einwanderungsbehörde, Hafenmeister, Marina, Polizei und Zoll. Es war und ist noch immer eine echte Schererei. Und dann arbeiten auch noch überall die selben Leute! Erst wollen die beiden Typen uns unser Visum nicht geben und dann sitzen sie auf einmal uns gegenüber im Restaurant, organisieren Taxis und waschen unsere Wäsche… seltsam, seltsam.

Nun sind wir schon ein paar Tage da und finden Vietnam einfach toll! Das Essen ist großartig, und alles, was man auf dem Markt kaufen kann, ist frisch und sauber. Mit unserem Roller kommen wir überall hin und seit gestern benutzen wir unser extrem cooles Tandem-Fahrrad!

Benni und Hannes arbeiten weiterhin an Videos und bald gibt es bestimmt mehr zu sehen!

Es war eine unglaublich aufregende Zeit auf der Marianne und ich freue mich, bald noch ein mal an Bord gehen zu dürfen. Vielleicht etwas kürzer als dieses mal…

Viel Spaß mit den Bildern und diesem Bericht,

Reini

2 Gedanken zu „Eine 16-tägige Achterbahnfahrt!“

  1. This is a great article with me.
    It’s all what I expected from the great sailors with Marianne sailing-boat.
    I can say belief, expectation, and desire about the interesting stories that arose in my mind when first time I met Marianne.
    And now I’m enjoying them.
    Thanks for the young sailors.
    I have always admired the young blood in you with courage, faith, and romance …. of you.
    I love you

  2. Oh guys, what an intensive and spectacular adventure your sailing trip to Vietnam was!! The photos are very, very awesome!! Thank you so much that we can with you in our thoughts on this unique trip!
    This morning we have the first snow on our “hill” – although it looks pretty for Christmas time, I would prefer sweating with you in Vietnam!!
    Hope you have a great time there!! Take care!

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