Chaguaramas – das Segler-Mekka schlecht hin, bietet dem zu Reparaturen genötigtem Segler alles, was er braucht in Laufnähe: Angefangen von Zoll und Einwanderungsbehörde über Supermärkte, Restaurants, Bars, Ersatzteilläden und diverse Werkstätten. Hier ist man unter hunderten Seglern, die alle ihre Boote klar machen und kann auch leicht mal Zubehör umsonst abstauben – wir haben jetzt ein paar dringend benötigte (gebrauchte) Batterien mehr an Bord. Obwohl es also schöner kaum sein könnte, tritt nach vier Wochen, während denen wir auf die Reparatur unseres Motors gewartet haben, schon mal langsam der Lager-Koller ein.
Ein Glück hat uns Natasha, die beste weibliche Steel-Drum-Spielerin von Trinidad nach Tobago eingeladen, sodass wir dankbar diese Gelegenheit nutzen rauszukommen, aus diesem Dorf. Hin- und Rückfahrt kosten gerade mal zehn Euro pro Person und wir freuen uns, diese super schnelle Katamaran-Fähre nun aus der Nähe betrachten zu können, nach dem wir ja während unserer zweieinhalb tägigen Herumtreib-Aktion vor Trinidad von ihr schon ein paar Mal fast über den Haufen gefahren worden wären.
Mit dem Maxi-Taxi geht es bis zur Endstation in Port of Spain und nach der Überquerung einer achtspurigen Schnellstraße ist man schon am Fährterminal. Wir fühlen uns ein wenig wie am Flughafen – Pass zeigen, Taschen entleeren, Rucksäcke durchleuchten und schon ist das geliebte Feuerzeug weg. Die Sicherheitskontrollen lassen vermuten, dass wir das Land verlassen wollen. Dabei heißt es doch „Trinidad UND Tobago“… Bitte nicht filmen und keine Fotos, weder im Hafen noch auf der Fähre. Man merkt, dass wir den U.S.A. näher kommen.
Endlich auf der Fähre verzögert sich die Abfahrt ein wenig, da ein Kleintransporter mit Weihnachtsbäumen unbedingt mit will, erst nicht darf, dann aber doch im zweiten Anlauf Platz im Bauch der Fähre findet. Zweieinhalb Stunden soll die rasante Fahrt mit bis zu fünfunddreißig Knoten dauern. Wir stehen die Hälfte davon wie festgewurzelt am Heck und staunen über die Power, die dieses Monster hat. Danach tun wir es den anderen Passagieren gleich und suchen uns einen Platz zum Augen zu machen. Allerdings sind die Einheimischen besser vorbereitet und haben Decken und Laken dabei, um sich vor der eiskalten Klimaanlagenluft zu schützen.
Obwohl wir schon etwas spät dran sind und Natasha ungern warten lassen wollen, aber weil wir es eben so gewohnt sind, nach großen Überfahrten unsere von Entbehrung geschundenen Körper bei Ankunft mit Fast-Food zu verwöhnen, marschieren wir erst mal in den KFC am Fährterminal in Tobago. Die berühmteste Taxifahrerin von Tobago, wie uns Alicia von sich erzählt, macht unsere Verspätung danach auch nicht besser, als sie, nur „kurz fünf Minuten“ etwas mit ihrer Versicherung klären muss und uns im Taxi sitzen lässt. Es herrscht allerdings die gefürchtete „Island Time“ und aus fünf Minuten wird eine dreiviertel Stunde.
So kommen wir ganz untypisch deutsch eine Stunde zu spät bei Natasha an und schaffen es nur noch einen Song mit ihr im Hellen vor dem Haus aufzunehmen. Zu zwei weiteren Songs trommelt sie auf ihrer Steel-Pan dann in ihrem Zimmer und wir haben wieder wahnsinniges Glück gehabt, so eine talentierte Musikerin gefunden zu haben. In Nullkommanix spielt sie die kompliziertesten Melodien, als wenn sie die Songs schon Ewigkeiten kennen würde!
Als sie nach drei Stunden und drei Songs dann los muss, dürfen wir uns erst mal ein Zimmerchen suchen, wo wir die Nacht verbringen können. Doch nicht weit von ihrem Haus entfernt gibt uns „Rusty“ nicht nur ein traumhaftes Zimmer in der obersten Etage seines Turms, sondern informiert uns auch gleich über seine gescheiterten Ehen mit Europäerinnen und seine vier Kinder in Deutschland und Schweden, die er aber alle seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat. Heftige Lachausbrüche markieren dabei seine Witze. Geschafft fallen wir nach Ewigkeiten mal wieder in ein richtiges Bett.
Am nächsten Tag müssen wir erst mal schauen, wo wir hier überhaupt gelandet sind und haben beim Frühstück in Strandnähe keine andere Wahl als zu gestehen, dass Buccoo schon ein schönes Fleckchen Erde ist. Leider unterbricht der Regen unsere Inselerkundung frühzeitig, sodass wir uns die Zeit bis zur Abfahrt mit einem Filmchen in unserem schicken Zimmer vertreiben. Als der Himmel aufklart und die Sonne heraus kommt, sind wir schon etwas wehmütig, wieder gehen zu müssen.
Auf dem Weg zum Fährterminal geben dann die ein Jahr alten Flip-Flops für zwei Euro aus Madagaskar von Benni endgültig auf. In einer weiteren Regenpause finden wir neue Treter in der Nähe einer Bar. Zweifünfzig für die Schuhe und zwei Euro für zwei Bier. Da kann man doch nicht nein sagen.
Nach einer weiteren rasanten Fahrt kommen wir wieder in Trinidad an und wollen auf dem Rückweg in die Marina noch kurz die erste Ladung Proviant für die nächste Überfahrt einkaufen. Es ist um Acht und wir stehen an der Achtspurigen Schnellstraße. Eigentlich keine schlechte Zeit. Doch für die ersten zehn Maxi-Taxis sind wir auf Grund unseres großen Einkaufs zu langsam, sodass sich andere einfach vordrängeln und als endlich niemand mehr da ist, der sich vordrängeln könnte, bleiben dann die Maxi-Taxis aus.
Geschlagene anderthalb Stunden stehen wir so am Straßenrand. Ob wir überhaupt noch nach Hause kommen? Denn selbst wenn es hier normale Taxis gäbe, hätten wir kein Geld dafür, weil wir schon beim Einkaufen ein paar Dosen im Laden lassen mussten, da der Geldautomat heute extrem geizig war. Da heißt es Ruhe bewahren, sich selbst entschleunigen und schon nach nur fünf weiteren Island-Time Minuten kommt das sehnlichst erwartete Maxi-Taxi…